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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 03.04.2018


Fotoausstellung INGE MORATH: 1923-2002 - Aus einem fotografischen Kosmos. Zu sehen vom 26. April bis 26. August 2018
Lisa Goldberg

Das Verborgene Museum widmet sich in Zusammenarbeit mit dem FOTOHOF archiv Salzburg den Arbeiten der Österreichischen Fotografin Inge Morath. Sie war Dokumentaristin sowohl des alltäglichen Lebens, als auch eines "müden Hollywoods". Ihr gelang es, weltweit Menschen und Orte in "sentimentaler Zärtlichkeit" (Arthur Miller) mit der Kamera festzuhalten. Bekannt machte die Magnum-Fotografin vor allem ihre Reportage über die Situation von Angehörigen von heimkehrenden Kriegsgefangenen und ihre Porträts berühmter Persönlichkeiten wie Audrey Hepburn, Burt Lancaster und Marilyn Monroe.




Neben ausgewählten Arbeiten, wie einigen ihrer KünstlerInnenbildnisse und Reisefotografien u.a. aus Europa, China, Russland, dem Iran und USA, wird in der Ausstellung auch der Dokumentarfilm "Copyright by Inge Morath" gezeigt. Diesen hatte die Filmemacherin Sabine Eckhard, welche auch bei der Initiative ProQuote Regie aktiv ist, 1991 in enger Zusammenarbeit mit der Fotografin konzipiert und gedreht. Ergänzt wird die Ausstellung mit Aufnahmen des Ateliers und Umfeldes der Fotografin von dem österreichischen Fotografen Kurt Kaindl.

Aufgewachsen in Nazi-Deutschland

Die 1923 in Graz geborene Inge(borg) Mörath war als junge Frau vor allem den Sprachen und dem Journalismus verbunden. Sie wuchs in Deutschland – zuerst in Darmstadt und später in Berlin, den deutschen intellektuellen Zentren der 1930er – auf.

Nach dem Abitur musste Inge Morath "Reichsarbeitsdienst" leisten, bevor sie anschließend in Berlin das Studium der Romanistik aufnahm und dabei ihre Sprachkenntnisse erfolgreich ausweiten konnte: Inge Morath sprach Französisch, Englisch und Rumänisch und lernte später zusätzlich Spanisch, Italienisch, Russisch und Chinesisch.

Die ersten Berührungspunkte mit avantgardistischer Kunst hatte die damals 14-jährige Inge Morath 1937 auf der Ausstellung "Entartete Kunst", die von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels initiiert worden war.
Entgegen der Intention, bei den BesucherInnen Abscheu zu erzeugen, war Inge Morath jedoch zutiefst beeindruckt – vor allem von Franz Marcs Gemälde "Blaues Pferd". Doch ihre Begeisterung musste sie für sich behalten.

Ein Leben für den Journalismus und vor allem für die Fotografie

Nach der Dienstverpflichtung in der Rüstungsindustrie und einem Angriff im Frühjahr 1945 auf die Fabrik in Berlin Tempelhof, in der sie während des Krieges arbeitete, floh Inge Morath kurz vor Kriegsende zurück nach Österreich.
Dort begann sie ihre Berufstätigkeit als Redakteurin für den US-amerikanischen Nachrichtendienst (USIS) sowie der österreichischen Literaturzeitschrift "Der Optimist" und dem Österreichischen Rundfunk.
Später arbeitete sie als Textjournalistin für "Heute", ein illustriertes Magazin.
Dort lernte Inge Morath den Fotografen Ernst Haas kennen und erarbeitete mit ihm die Reportage über Kriegsheimkehrer mit dem Titel "Und die Frauen warten... ". Dabei vermied es Inge Morath grundsätzlich, Aufnahmen vom Krieg anzufertigen, sondern bevorzugte Fotoreportagen, welche die Konsequenzen von Krieg und Gewalt dokumentierten.
Diese Fotoreportage erregte 1949 in Wien die Aufmerksamkeit des Ungarisch-US-amerikanischen Fotografen Robert Capa, dem Mitbegründer der Fotoagentur Magnum, welcher zuvor selbst vor allem als Kriegsreporter gearbeitet hatte.

Magnum vermittelte und schickte Morath im Januar 1954 zu einer ersten Reportage-Reise nach Spanien: für einen Fotoauftrag zur Reproduktion von Gemälden und die Aufnahme eines Portraits der Schwester von Picasso. Auf eigenes Risiko hat sie diesen Aufenthalt auf mehrere Monate ausgedehnt und dabei eine umfangreiche Fotoreportage über Spanien fotografiert, die später in dem Buch "Fiesta in Pamplona ("Guerra a la tristesse)" (1955) veröffentlicht wurde. Nach ihrer zwischenzeitlichen Ehe in London mit Lionel Birch ging Inge Morath zur Agentur Magnum nach Paris – und begann selbst zu fotografieren. Ab diesem Zeitpunkt wusste Inge Morath bereits ganz genau: von nun an wird sie ausschließlich als Fotografin arbeiten.
Aufträge aus der Filmindustrie brachten sie gemeinsam mit dem französischen Fotografen, Regisseur, Schauspieler, Zeichner, Maler und Mitbegründer der Foto-Agentur Magnum Henri Cartier Bresson in die USA. Dort fotografierte sie u.a. 1960 am Set des Films "Misfits- Nicht gesellschaftsfähig". Das Drehbuch dazu stammte von ihrem späteren Ehemann Arthur Miller, der zu diesem Zeitpunkt noch mit Marilyn Monroe verheiratet war – welche wiederum die Hauptrolle in dem US-amerikanischen Spielfilm hatte.
Inge Morath wurde in diesem Zusammenhang vor allem bekannt durch ihre Aufnahmen hinter den Kulissen als Dokumentarin eines "müden Hollywoods".

1962, zwei Jahre nach ihrem Kennenlernen, heiratete Inge Morath den amerikanischen Schriftsteller und Träger des Pulitzer-Preises Arthur Miller, mit dem sie im selben Jahr die gemeinsame Tochter Rebecca Miller bekam. Rebecca Miller ist heute eine erfolgreiche US-amerikanische Regisseurin, Schauspielerin, Bildhauerin, Schriftstellerin und Malerin.

Das Leben festgehalten

Immer mit zwei Leica-Kameras für Schwarz-Weiß- und Farb-Aufnahmen, einem Bildsucher und mehreren Linsen ausgerüstet, hatte sie ihre eiserne Regel aufgestellt, alle Erlebnisse auch in ausführlichen, schriftlichen Aufzeichnungen festzuhalten.
Das Paar Miller-Morath unternahm viele gemeinsame Reisen, mehrfach in die Sowjetunion, nach China und Kambodscha, die häufig ihr Ergebnis in Reise-Bildbänden fanden. Damit gelang es der Fotografin, die Nachfrage nach fernen Landschaften und Bildern von Menschen aus aller Welt zu stillen und diese authentisch zu dokumentieren.

Ein Vermächtnis

Ingeborg Morath Miller starb am 30. Januar 2002 im Alter von 78 Jahren in New York an Krebs. Zu Ehren ihrer langjährigen Kollegin gründeten die Mitglieder der unabhängigen Fotoagentur Magnum Photos noch im selben Jahr den Inge Morath Award. Die Auszeichnung wird von der Inge Morath Foundation in Zusammenarbeit mit der Magnum Foundation in New York vergeben. Seit seiner Gründung wurden alljährlich eine oder mehrere (insbesondere) junge Fotografinnen ausgezeichnet und finanziell unterstützt.

 Inge Morath - Lama
Inge Morath
Lama, Times Square, New York City, 1957
© Magnum Photos / Inge Morath Foundation / Fotohof archiv


Neben ihrer Arbeit als Fotografin veröffentlichte Inge Morath auch eine Vielzahl an Büchern, darunter Titel wie "De la Perse a l´Iran" (1960), "My Sister, Life and other poems" (1976), "Women to Women" (1996).

Vom 26. April bis 26. August 2018 werden die Werke von Inge Morath im VERBORGENEN MUSEUM Berlin zu sehen sein. Zuletzt wurde dort (Vom 28. September 2017 bis 25. März 2018) die Ausstellung "Kriegsalltag und Abenteuerlust. Kriegsfotografinnen in Europa 1914-1945" gezeigt.

Veranstaltungsort:
DAS VERBORGENE MUSEUM
Dokumentation der Kunst von Frauen e.V.
Schlüterstraße 70, 10625 Berlin
Do & Fr 15 – 19 Uhr, Sa & So 12 – 16 Uhr
Eintritt: 3 Euro, Ermäßigt 1,50 Euro

PUBLIKATION
"Inge Morath - Fotografien", hrsg. v. Kurt Kaindl mit Texten von Inge Morath, Kurt Kaindl, Margit Zuckriegl, in der Edition Fotohof, Salzburg 2000, ist im Museum zum Preis von 42 Euro erhältlich.

Weitere Informationen zur Ausstellung unter:
www.dasverborgenemuseum.de

Mehr Informationen zur Künstlerin unter:
www.ingemorath.org
www.twitter.com
www.facebook.com

Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:

Germaine Krull – Fotografien. Ausstellung vom 15. Oktober 2015 bis 31. Januar 2016. Der Katalog erschien im Hatje Cantz Verlag
Zusammen mit dem Jeu de Paume, Paris, widmet ihr der Martin-Gropius-Bau eine umfassende Werkschau. Die kosmopolitische, unkonventionelle Fotografin gilt als Entdeckerin der Moderne, prägte einen neuen Typus technischer Fotografie, bewegte sich zwischen Surrealismus und Realismus, und war wie Margaret Bourke-White eine der ersten weiblichen Kriegsberichterstatter.

Margaret Bourke-White. Fotografien 1930-1945
Sie war in vielem die Erste: Die Pionierin des Fotojournalismus sah sich als "Auge ihrer Zeit". Sie war die erste Frau, die im 2. Weltkrieg auf amerikanischer Seite mitfliegen und -schwimmen durfte, die erste Frau, die Fotos von Stahlwerken, Generatoren, Maschinen und Material machte und als Industriefotografin Erfolg hatte. (2013)

Happy birthday, Lotte Jacobi
Am 17. August 2011 wäre die deutsch-amerikanische Fotografin Johanna Alexandra Jacobi, genannt Lotte Jacobi, 115 Jahre alt geworden. Im Jahr 1935 erreichte sie New York. Im Gepäck: Eine Rückfahrkarte, die sie erst 27 Jahre später einlösen wird. (2011)

Gisèle Freund. Photographien & Erinnerungen
Am 19. Dezember 2008 wäre sie 100 Jahre alt geworden. Die Fotografin und Fotoreporterin Gisèle Freund beeindruckt nicht nur durch ihr Œuvre, sondern auch durch ihre bewegte Lebensgeschichte. (2008)

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Spielende Kinder, gelangweilte Erwachsene, ruhende Alte – jedes der Bilder Helen Levitts mutet an wie Poesie, dabei zeigen sie eigentlich nur den Alltag auf den ärmlichen Straßen New Yorks. (2008)

Ellen Auerbach. Das dritte Auge
Aus Deutschland vertrieben, in Palästina keine Heimat gefunden und in die USA ausgewandert, befand sich die jüdische Fotografin stets auf der Suche. Heimat- und Orientierungslosigkeit prägten sie. (2007)

Changing New York 1935-1939 fotografiert von Berenice Abbott
Das ehrgeizige Projekt einer begabten und eigenwilligen Fotografin. Das Museum Ephraim-Palais zeigt bis zum 20. April 2004 eine Ausstellung aus dem Museum of the City of New York. (2004)






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